Was soll das

Ich hab viele ältere Spiele im Spieleschrank, die ich schon sehr lange nicht mehr gespielt habe. Bei manchen liegt das sicher daran, dass sie mit modernen Spielen nicht mehr mithalten können. Viele kommen aber einfach nicht mehr auf den Tisch, weil sie nicht neu sind. Ein zumindest bedenkenswertes Auswahlkriterium. In der letzten Woche hab ich zufälligerweise zwei sehr ähnliche Oldies gespielt. San Juan und Race for the Galaxy sind parallel entstanden und haben einen ähnlichen Mechanismus. Können diese Spiele gegen aktuelle Spiele noch bestehen?

Worum geht es

Aufbau einer Kartenengine. Karten sind hier alles, Waren, Geld und Gebäude (bzw. Planeten und sonstige weltraumkompatible Dinge). Wir spielen Karten offen vor uns aus weil sie Siegpunkte und Vorteile für den weiteren Spielablauf bringen. Bezahlt wird das Ausspielen mit Handkarten. Damit es nicht zu einfach wird gibt es ein Handkartenlimit am Rundenende. Bestimmte Karten können Waren produzieren, durch deren Verkauf wir wieder neue Karten bekommen. Die zugehörigen Aktionen, d.h. Bauen, Produzieren und Verkaufen erhalten wir durch Auswahl einer Rolle aus einem vorgegebenen Set von Rollen. Eine gewählte Rolle gilt immer für alle Mitspieler, wer die Rolle gewählt hat bekommt noch einen kleinen Bonus.
Das Spiel endet, sobald jemand die zwölfte Karte ausgespielt hat.

Was sind die Unterschiede

Die Rollenwahl ist verschieden. Bei San Juan wird in Spielerreihenfolge aus den offen ausliegenden Rollen gewählt. Bei Race for the Galaxy (RftG) hat jeder das gleiche Set von Rollen und wählt verdeckt eine Rolle. Nur gewählte Rollen werden in der Runde gespielt. Durch die verdeckte Rollenwahl ist es bei RftG schwerer abzusehen welche Rollen in der Runde zum Zuge kommen. Bei San Juan kann man das leichter abschätzen. Das Abhandeln der Aktionen kann bei beiden Spielen durch alle Mitspieler parallel erfolgen. Interaktion gibt es zumindest im Grundspiel keine.
Das Verkaufen/Handeln ist in RftG komplexer als in San Juan, bei dem ich einfach neue Karten bekomme. RftG bietet beim Handeln auch noch die Möglichkeit Siegpunkte zu erzeugen.
Generell sind die Karteneffekte in RftG deutlich komplexer als in San Juan. In San Juan hat jedes Gebäude einen Effekt, der in leicht verständlichem Klartext beschrieben ist. In RftG kann eine Karte mehrere Effekte haben, die in unterschiedlichen Phasen wirken. Beschrieben werden diese durch eine konsistente aber nicht selbsterklärende Ikonografie.

Fazit

San Juan besticht durch Übersichtlichkeit und einen einfachen Zugang. Nach wenigen Partien kennt man alle Karten und weiß worauf man hoffen und spielen kann. Leider gibt es eine Killerkartencombo (Schmiede, Zunfthalle und jede Menge Produktionsgebäude) die kaum zu schlagen ist, und das obwohl wir schon immer bei der Abrechnung der Zunfthalle nur 1,5 Punkte pro Produktionsgebäude zählen. Zudem ist diese Strategie noch sehr einfach zu spielen, besonders wenn man frühzeitig die Schmiede bekommt. Ein Problem, dass es aber auch bei moderneren Spielen gibt, siehe Railroad Revolution und mit Abstrichen auch Lorenzo der Prächtige .
RftG nervt etwas durch die Ikonografie. Manche Spieler lehnen das Spiel deswegen grundsätzlich ab, ich benötige immer eine Partie um wieder reinzukommen. Außerdem weiß ich nie, was für Karten im Spiel sind und noch weniger kenne ich deren Funktionen. Im Spiel mit RftG Profis, und das sind leider die Einzigen, die in der Regel zu einer Partie bereit sind, hat man als nicht Profi daher einen Nachteil, besonders wenn man bemüht ist das Spiel nicht zu verzögern.
Trotzdem spiel ich RftG deutlich lieber als San Juan, die größere Anzahl von Möglichkeiten und die Aussicht das Spiel endlich mal gegen RftG Fans zu gewinnen sind einfach reizvoller als die überschaubaren Strategien in San Juan. Für Spieler die weniger Wert auf Komplexität und Strategie legen ist sicher San Juan die bessere Wahl.
Beide Spiele werden mit wachsender Spieleranzahl besser und profitieren davon, dass zusätzliche Mitspieler das Spiel kaum verlängern, da die Aktionen in der Regel gleichzeitig ausgeführt werden können. Überhaupt ist die Kürze beider Spiele ein wichtiger Pluspunkt und der Hauptgrund dafür, dass ich sie auch heute noch gerne spiele.

San Juan: 6 von 10 Punkten
Race for the Galaxy: 8 von 10 Punkten

Rezensent: Peter